Radfahren auf Rügen - Mehr Verbote als Radwege
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Bagdad-Biker Gast
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Verfasst am: 22.07.2008, 21:07Titel: Radfahren auf Rügen - Mehr Verbote als Radwege |
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Wie jedes Jahr um diese Zeit fahre ich mit der Familie und Freunden nach Rügen. Zum Einen wollen wir uns gemeinsam die Störtebeker Festspiele ansehen, zum Anderen brauche ich gelegentlich mal eine Auszeit von der Arbeit. Besonders Letzteres war mir sehr wichtig, da meine Gesundheit im Laufe der letzten Monate doch sehr arg gelitten hatte.
Da ich schon seit Ewigkeiten nicht mehr zum Biken gekommen war, beschloß ich bereits einige Tage zuvor, dass mein MTB mit nach Rügen soll. Nun galt es zu recherchieren. Die Gegend um Sassnitz, in der wir jedes Jahr wieder wohnen, stellt wohl den landschaftlich reizvollsten Teil der Insel dar. Die Küste im Nordosten der Insel ist bekannt durch seine Kreidefelsen. Dementsprechend "wellig" ist das Gelände in dieser Region, perfekt um ein paar lockere Touren auf dem Mounti zu drehen und dabei die Insel abseits der Hauptstraßen zu erkunden.
Auf diversen Internetseiten warb man mit der Radfahrerfreundlichkeit Rügens. Von ausgedehnten Radwanderwegen war die Rede und ein Blick auf meine Karte schien dies zu bestätigen. Das Feuer der Vorfreude war entfacht.
Am Freitagmorgen waren wir bereits auf der Insel. Ich kaufte Lebensmittel, bezog unser Ferienhaus und versackte abends, trotz der für den nächsten Morgen angedachten Radtour, mit meinen Kumpels Michael, Holsten und Jägermeister.
So startete ich erst am Sonntag nach einem ausgedehnten Frühstück zu einer kleinen Runde. Die ersten drei Kilometer noch der Hauptstraße folgend erreichte ich schnell den Königsstuhl. Die unüberschaubare Horde an Ausflüglern ließ keinen Zweifel zu. Dieser Aussichtspunkt ist wohl das beliebteste Ausflugsziel der Insel.
"Hey, Du Arsch. Hier ist Radfahren verboten." pöbelt der erste, mit Digicam und Bauchtasche bewaffnete Touri. Uups. Sollte ich da ein Schild übersehen haben? Tatsächlich, zahlreiche Schilder untersagen mir hier den Spaß des Bikens.
Mein Rad brav schiebend, ziehe ich mir trotzdem den Zorn vieler Wanderer auf mich, als ich den Abstieg vom Königsstuhl zum Strand in Angriff nehme. Irgendein Depp hat, von mir unbemerkt, den Reißverschluss meiner Satteltasche geöffnet, als ich warte, um entgegenkommende Fußgänger nicht zu behindern. Das Resultat: Mein Werkzeug kullert unaufhaltbar den steilen Hang hinab und bleibt größtenteils unauffindbar.
Am Strand lässt sich unwahrscheinlich schlecht fahren. Das liegt nicht etwa an losem Sand, sondern an der dicken Schicht Kieselsteine, die man dort zum Schutz gegen das Abschwemmen von Land aufgeschichtet hat. Nur dort, wo die Kreideküste bereits abgebrochen und festgetreten ist, kann man einigermaßen fahren. Allerdings ist die nasse Kreide tierisch glatt. Mehrfach werde ich angesprochen, wie man auf die verrückte Idee kommen könne, hier mit dem Rad zu fahren. Weitere drei Kilometer eiere und schiebe ich am Wasser entlang und werde dafür mit dem unvergesslichen Panorama der Kreidefelsen belohnt.
Die nächste Möglichkeit zum Aufstieg nutze ich, denn ich will fahren und nicht schieben. Ich schultere mein Rad und klettere die steile Holztreppe hinauf. In meiner Regenjacke wird mir schnell zu warm. Zumal die Sonne plötzlich durch die Wolken bricht und den regnerischen Morgen durch einen sehr warmen Vormittag ablöst.
Überall treffe ich auf Schilder, die mir das Radfahren untersagen. Da ich keine Lust habe nur zu schieben, fahre ich da wo ich niemanden störe und steige ab, sobald mir ein Fußgänger entgegenkommt. Der Weg führt mich etwa 5 Kilometer Richtung Süden. Er schlängelt sich immer haarscharf an der Steilküste entlang und ist mal nur ein Trail, mal wieder ein breiter Wanderweg. Es macht Spaß hier zu fahren, zumal es meist bergab geht und man gut laufen lassen kann. Spaß macht aber auch die tolle Aussicht auf das Meer.
Unverhofft spuckt mich der Weg in Sassnitz aus. Ich rolle durch eine kleine Plattenbausiedlung und erreiche den Hafen, in dem ich mir am Vortag bereits das Museums-U-Boot angesehen hatte. Ich gebe an der Kaimauer ein paar Wheelis und Bunny Hops vor zum Teil staunenden Publikum zum Besten, bevor ich mich wieder Richtung Norden mache. Dort habe ich einen steilen Anstieg ins Auge gefasst, den ich jetzt bezwingen will.
Der Weg ist eine alte, offenbar stillgelegte Kopfsteinpflasterstraße, von der es hier Dutzende gibt. Dankbar für mein Fully, merke ich dennoch bald jeden Stein unterm Hintern und biege aus der bisher nordwestlichen Richtung scharf nach Norden auf einen Waldweg ab. Ab hier sind regelmäßig Schilder zu entdecken, die den Weg als den Rügenrundweg, also einen ausgeschriebenen Radwanderweg, ausweisen. Seltsamerweise sehe ich mindestens ebensoviele solcher Schilder, die mir bereits am Königsstuhl das Radfahren verboten haben. Anbei: Auf allen Radwegen, auf denen ich gefahren bin, war das Radfahren via Verbotsschild offiziell untersagt.
Warum auf Rügen das Befahren eines Radweges mit einem Fahrrad untersagt ist, bleibt mir schleierhaft, ebenso, warum die Bundesstraße 96 als Radweg ausgeschrieben ist. Die B 96 ist die Hauptverkehrsader Rügens und fast ebenso stark befahren wie die A 7 zur Ferienzeit. Ich habe viele Radreisende gesehen, die sich mit voll bepackten Rädern die 96 entlangquälten und permanent Gefahr liefen von dem vorbeirauschenden Verkehr erfasst zu werden. Einen Fuß- oder Radweg sucht man an der 96 nämlich vergebens.
Die vielen Verbotsschilder ignorierend, fahre ich kreuz und quer durch den Wald. Irgendwie habe ich mich etwas verfranst. Ich könnte mich orfeigen, meine Radkarte vergessen zu haben. Spaß macht das Gelände aber allemal. Das Wetter ist toll, die Landschaft ebenso. Im Wald ist es so still, dass nur das Surren meines Freilaufs zu hören ist. Und irgendwie finde ich dann doch den richtigen Weg nach Lohme, unserem Ferienort.
Nach gerade mal 30 Kilometern habe ich das Gefühl richtig was getan zu haben und gönne mir auf den letzten 500 Metern ein 1 A Softeis vom Kiosk und ärgere mich schon fast gar nicht mehr über die "Radfahrerfreundlichkeit" Rügens. |
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RobertM A-Lizenz-Schreiber

Anmeldungsdatum: 04.05.2008 Beiträge: 429 Wohnort: Hamburg-Wellingsbüttel
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Verfasst am: 23.07.2008, 17:27Titel: |
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Hallo Oliver,
das tut mir ja nun richtig leid, mit den Verbotsschildern. Mir ist das bisher nie aufgefallen. Ich selber habe ca. 10 Jahre auf Rügen gewohnt. Wenn es dich mal nach Binz oder in die Ecke von Putbus verschlagen sollte, dort kann man auch wunderbar die Natur und einige schöne Steigungen sowie gute Abfahrten entdecken. Ein Beispiel woran ich mich noch gut erinnen kann, ist die "Goor" ein Waldstück am Rande von Putbus/Lauterbach. Die Zufahrt wurde jetzt leider durch das restaurierte "Haus Goor" etwas versperrt. Man kann entweder mit Sicht zum Wasser lang fahren oder im Wald das geht dann bis Stresow so.
Hoffe das Hilft einwenig bei der Auswahl des nächsten Urlaubzieles...
Gruß Robert _________________ Mein Foto-Blog |
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Bagdad-Biker Gast
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Verfasst am: 25.07.2008, 18:00Titel: |
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Ich kann gar nicht mit Sicherheit sagen, ob es solche Schilder letztes Jahr dort auch schon gegeben hat. Ich hab da vorher nie drauf geachtet.
Direkt am Königsstuhl hab ich ja noch Verständniss. Hier ist aufgrund der vielen Wanderer die Unfallgefahr vergleichsweise hoch. Das aber alle Radwege gesperrt werden und Radler gezwungen sind auf der Bundesstraße zu fahren, ist nur durch Unvernunft zu erklären. Welcher Bürokrat sich das wohl ausgedacht hat???  |
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Helmut Admin

Anmeldungsdatum: 03.04.2006 Beiträge: 12402 Wohnort: Hamburg-Tonndorf
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Verfasst am: 15.05.2009, 23:40Titel: |
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Viel zum Thema "Radfahren" und insbesondere "Radwege auf Rügen" hat Radfahr-Aktivist Josef Renger hier zusammengetragen:
http://www.radfahren-auf-ruegen.de/
Josef: Dafür Danke und meinen  _________________ Wenn's um die Wurst geht, sollte man gut abschneiden. |
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